Dienstag, April 16, 2024
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Nicht gut genug!

Der türkische Autor Davut Cöl nimmt in seinem Buch ‚Nicht gut genug‘ die 24 Schwächen der türkischen Fußballnationalelf mit viel Humor auf die Schippe. Gerade für Männer ist Fußball oft der emotionale Höhepunkt des Wochenendes. Beinahe überall auf der Welt wird Fußball geschaut und auch immer mehr Frauen erfreuen sich an diesem Sport. Wie auch der Autor schreibt ist Fußball eigentlich kein schwerer Sport, das Prinzip ist klar. Zwei Mannschaften à elf Personen versuchen den Ball in das gegnerische Tor zu bringen und dürfen dabei bis auf den Torwart nur die Füße hernehmen (oder auch den Kopf, ausgenommen Einwurf). Eigentlich recht simpel, oder? Anscheinend jedoch nicht… Gerade heutzutage wird Fußball oft bis in die Grashalme analysiert und das macht auch Cöl.
Das Taschenbuch befasst sich mit der Tatsache, dass der türkische Fußball international einfach, um es mal salopp auszudrücken, nichts reißen kann. Über den Rückpass zum Torwart bis hin zu mangelnder Kommunikation zieht der selbst leidenschaftliche Fußballfan Resümee.
Für 7,99€ ist das Buch zu kaufen und ist vor allem für Fußballinteressierte eine humorvoll geschriebene und interessante Lektüre. Jeder Leser dieses Buches bemerkt die leicht leidende Stimme des Autors, denn dieser ist sich sicher: der türkische Fußball kann mehr, er muss es nur wollen!

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Herr Cöl, Sie haben einen ganzes Buch über die Fehler der türkischen Nationalmannschaft geschrieben, das ist ja vor allem bei Männern oft ein sehr emotionales Thema. Wie reagieren die Leute auf Ihr Buch? Geben Sie Ihnen recht oder werden Sie eher auch mal ein wenig „angemacht“?
Ich habe das Buch geschrieben um das Offensichtliche in Worte zu fassen. Es ist ja kein Geheimnis wie die türkische Nationalmannschaft spielt, nämlich schlecht. Die Schwächen gehen nur in der emotionalen Hektik des Alltags immer wieder unter. Die Spieler und Fans bleiben nicht an den Fehlern dran, um sie abzustellen. Gleich nach einer verpassten Qualifikation orientiert man sich an der Nächsten, anstatt mal inne zu halten und zu analysieren, warum man gescheitert ist. Daher war es mir wichtig, die Unzulänglichkeiten des türkischen Fußballs auf den Punkt zu bringen.
Meine Leser stimmen mir in meinen Analysen zu. Ausnahmslos wird gelobt, dass endlich jemand die Fehler benennt und das in so einfacher und klaren Art. Mehrere weibliche Leser haben sich über mein Buch sehr gefreut und sich bedankt, dass sie nun viel gelernt haben und nun besser den Fußballsport verstehen. Das hat mich besonders gefreut.
Auch in verschiedenen Medien, die mein Buch rezensiert haben, ist das Resümee ausnahmslos positiv. Alle Fans eint der gleiche Wunsch nach Antworten, woran es der türkischen Elf mangelt. Diese Antworten konnte ich in meinem Buch liefern und darüber freuen sich die Fans.

Wie sind Sie auf die Idee zu diesem Buch gekommen?
Ich bin schon sehr lange ein Fußballfan. Kein heißblütiger, sondern eher ruhig und analytisch. Als dann die Qualifikation für die WM in Brasilien erneut frühzeitig zu scheitern drohte, habe ich angefangen die Schwächen aufzuschreiben. Plötzlich wurden es immer mehr Schwächen und irgendwann waren es so viele Wörter, dass ich mir dachte, jetzt kannst du deinen Text auch veröffentlichen um eine Diskussion in Gang zu bringen.

Sie beschreiben sich selber als einen leidenschaftlichen Fußballfan. Wann und wie hat ihre Leidenschaft zum Fußball begonnen? 

Davut Cöl: Angefangen hat alles auf dem Schulhof in meiner Grundschule. Ich war damals neun Jahre alt. Ein Fußballscout des örtlichen Vereins lief umher und hat allen Kindern, die gut kicken konnten eine Karte, mit einer Einladung zum Probetraining, gegeben. Ich war sehr stolz, dass ich auch eine Karte bekommen habe. Das Probetraining lief gut und ich wurde in den Verein, damals E-Jugend, aufgenommen. Das war ein tolles Gefühl.

Wie erklären Sie sich „die Faszination“ Fußball?
Fußball ist so einfach. Die Regeln sind unkompliziert. Man kann es jederzeit und überall spielen. In der Schule haben wir mit einem einfachen Tennisball gespielt, später mussten wir auf einen Softball ausweichen (wegen der Verletzungsgefahr für andere Schüler). Im Park kann man seine Taschen als Torpfosten benutzen und los geht`s. In Afrika spielen Kinder mit Coladosen. Ich will sagen, man braucht nicht viel um mit dem Spiel zu beginnen.
Die Einfachheit begeistert so viele Menschen. Jeder auf dem Sofa ist ein Trainer und hat eine Meinung zu einer Spielsituation. Zudem ist der Ausgang eines Fußballspiels immer unsicher. Auch eine kleine Mannschaft kann an einem guten Tag gegen eine große Mannschaft gewinnen. Das sind tolle Momente, wenn eine Mannschaft leidenschaftlich gekämpft hat und dafür belohnt wurde. Um die Einfachheit dieses Sports in den Worten großer Fußballer auszudrücken, sind hier einige Zitate: „Ein Spiel hat 90 Minuten“, „Das Runde muss ins Eckige“ und „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“.

Ihre Lieblingsmannschaft (abgesehen von der türkischen Nationalelf)?
Im internationalen Spielen, wie Euroleague oder Championsleague, halte ich natürlich für jeden türkischen Verein. Leider kann ich mich für keine Mannschaft in der Türkei wirklich begeistern. Es ist leider alles so unschön. Die Vereine, die Funktionäre, die Medien, dass macht alles keinen Spaß. Und da ist diese Aggressivität. Man braucht sich nur mal ein Topspiel zwischen Galatasaray und Fenerbahce ansehen und man wird auf Jahre keine Lust mehr auf den türkischen Fußball haben. In meinem Buch wird an einer Stelle gefragt, wie die Spieler denn gemeinsam in der Nationalmannschaft erfolgreich Fußball spielen sollen, wenn sie eigentlich kein kameradschaftliches Miteinander pflegen.

Von welcher Mannschaft sollte sich die türkische Mannschaft eine Scheibe abschneiden und warum?
Die türkische Mannschaft kann sich alles bei der deutschen Mannschaft abgucken. Sie ist ein Paradebeispiel, wie man Fußball lernt und umsetzt. Sehen Sie nur wie die Mannschaft nach der Ära Klinsmann umgebaut wurde. Junge Leute kamen in die Mannschaft und wurden zu Topleistungen herangeführt. In der Türkei weichen alte Spieler nicht. Solange sie stehen können, machen Sie keinen Platz für die jungen Spieler. Das ist ein großes Problem.
Die deutschen Spieler spielen gemeinsam. Jeder kämpft und rennt für den anderen mit. Da ist kein Missmut und kein Neid. Niemand beschwert sich, dass jemand mal auf die Bank musste, weil eben alle miteinander spielen. Man ist eine Gemeinschaft. Die türkische Elf ist keine Gemeinschaft. Die Spieler reden kaum miteinander und man sieht keine positive Geste der Motivation auf dem Spielfeld.
Zudem ist der deutsche Fußball toll organisiert. Der Verband kümmert sich um die Rahmenbedingungen (u.a. Jugendarbeit) und der Trainer stellt die Mannschaft auf. In der Türkei stellen die Medien die Mannschaft auf und wehe da ist ein Lieblingsspieler nicht dabei, dann wird geschimpft. Oder wenn ein Club mehr Spieler stellt, als ein anderer, dann werden schnell Vorteilsnahme unterstellt.
Wenn man einer Mannschaft Zeit lässt, dann kann sie sich entwickeln. Manchmal dauert es ein paar Jahre, aber es lohnt sich. Die Mannschaft von Jogi Löw ist gereift und hat den Weltmeistertitel gewonnen.

Letzte Frage. Ihre Prognose für den türkischen Fußball?
Das ist eine schwere Frage. Eigentlich ist der türkische Fußball schon sehr tief gefallen. Tiefer geht es nicht. Es braucht ein Umdenken, dass man so nicht weitermachen kann.
Leider besteht aus zwei Gründen kaum Hoffnung auf Besserung. Zum einen, sind die Strukturen im türkischen Fußball unveränderbar geworden. Die Clubs werden von Machthabern gelenkt, die den Vereinen nicht guttun. Der Verband macht eher einen hilflosen Eindruck und da kann man nicht wirklich auf Besserung hoffen.
Zum anderen sind die Türken als Spieler und Fans nicht kritisch mit sich selbst. Man will sich nicht fragen, warum die eigene Mannschaft scheitert. Das bringt die türkische Mentalität nicht mit sich. Die Türken wollen nur Gewinner sehen und wollen mit Schwächen nichts zu tun haben. Dabei muss man zunächst seine Schwächen erkennen, damit man sie abstellen kann, um in der Folge endlich erfolgreich Fußball zu spielen.
Das Buch mit den 24 Schwächen habe ich geschrieben, jetzt liegt es an den türkischen Spielern, die Schwächen abzustellen.

Hamide Türker
Hamide Türkerhttp://piyasa.de
Founder & Editor in Chief
BENZER HABERLER

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