Endlich erschienen: Neyzen – die Debut-EP von Lucile and the Rakibuam.
Kaum warten wir ein paar Monate, schon ist es soweit, oder was lange währt, wird endlich ein Vinyl-EP.
Fotos von den Musik-Aufnahmen gab es schon vorher, mit meinem Lieblingsouzo, den von 1860, im Vordergrund -Der schmeckt wirklich bissl wie Raki. Dann erschien im März 24 die erste Single-Auskopplung „Batumi“. Ein sehr gelungenes Arrangement eines historischen Stücks vom Schwarzen Meer, ganz ohne Saz aber mit einem E-Gitarrensolo, das eigentlich in die Geschichte der Rockmusik Einzug nehmen sollte. Es handelt sich um die Adaptation eines anonymen Volksliedes aus der Schwarzmeerregion der Türkei, in dem der unstete Lebenswandel und eine verhängnisvolle Liebschaft seines Protagonisten besungen wird. Dieser begibt sich über die Grenze in die Küstenstadt Batumi, im benachbarten Georgien, die seit jeher für ihre Schönheit, aber auch für Glücksspiel und ihr Vergnügungswesen bekannt ist. Lucile And The Rakibuam behalten den lokal sehr populären 7/8 Takt bei, ersetzen aber die traditionelle Kemence durch die E-Gitarre, was dem Song einen rockigen Psychedelic-Touch verleiht, erfahren wir von ihnen.
Am 20. April 24 gab es die Uraufführung der Platte live in wundervoller Atmosphäre im Plattenladen Optimal. Und am 26. April war es soweit, das Warten hat sich gelohnt, die Platte gibt es jetzt auf allen Kanälen und auf Vinyl.
Fünf Stücke befinden sich drauf: Das Erste ist ZÜHTÜ, in einer Version, die von Reggae, über Psychedelic bis Ankarastyle alles abdeckt, um schnell in Bewegung zu kommen. Mit einer anderen Version dieses Lieds habe ich übrigens meine Liebe zu Kolektif Istanbul entdeckt.
Dann folgt BATUMI, siehe oben. Stück Nummer 3 ist YEDIKULE, auch das ein historisches Stück, ein griechisch-türkischer Rembetiko über Knast und Kiffen usw. Hier natürlich in ein Psychedelic-Arrangement eingebettet. Eins meiner Lieblingslieder in allen Versionen, aber diese finde ich besonders gelungen.
Weiter geht es mit SUDA BALIK, einem Stück von Neşet Ertaş, der ja ein echter Einfluss auf die aktuelle türkische Musik ist. Hier ist die Elektrosaz mit den WahWah-Pedalen besonders auffällig. Das Stück wechselt zwischen relativ ruhigen Gesangspassagen und harten Saz-Riffs und ist hinterlegt mit wilden Rhythmen, die vor allem live regelmäßig zu Tanzextasen führen. Dann kommen noch wunderbare Passagen am Synthesizer und es könnte noch lange so weitergehen. Für mich der musikalische Höhepunkt dieser Platte. Das letzte Stück ist NEYZEN, das Titelstück, die einzige Eigenkomposition und das einzige Stück ohne Gesang. Ein wunderbarer Abschluss, stark hinterlegt von der Darbuka und dem Bass dieser Band. Erinnert mich irgendwie an „Temptation“ von Baba Zula, ist aber doch ganz anders.
Viele bekannte Münchner haben am Entstehen dieser Platte mitgewirkt, u.a. Soner Aksan und Nikos Pavlidis. Die Gruppenmitglieder Tuncay Acar (Lead Vocals, Percussion), Ilker Aslan (Gitarre, Backing Vocals), Daniel Tanner (Drums), Hannes Oberauer (Bass, Synths) und ihre Gäste haben ein Meisterwerk hingekriegt. Für mich ein echtes Highlight der Münchner Underground-Kultur. Anhören könnt ihr die Scheibe zum Beispiel hier:
Erschienen ist die Platte beim Giesinger Indie-Label Trikont. Da passen die Rakibuam genau hin: in illustrer Gesellschaft mit Kolektif Istanbul, Maxi Pongratz u.v.a.
Termin vormerken: Am 31. Mai 24 ist das offizielle Releasekonzert im ImportExport München.