Freitag, April 26, 2024
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Zu den Aussagen vom neuen Bundesinnenminister Horst Seehofer über Muslime und Islam in Deutschland

Der frühere Ministerpräsident Bayerns und neuer Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte gleich an seinem ersten Amtstag am 15.3.2018 im BILD-Interview: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Sofort widersprach Kanzlerin Merkel und sagte: „Vier Millionen Muslime und auch ihre Religion gehören zu Deutschland, also auch der Islam.“ Mit solchen Aussagen wie der vom Herrn Seehofer sinkt weiter die Hemmschwelle für weitere unkontrollierte islamfeindliche Angriffe und vertieft die Spaltung in der Gesellschaft.

Als Migrationsbeirat der Landeshauptstadt München lehnen wir die Aussagen vom neuen Bundesinnenminister Horst Seehofer über Muslime und Islam in Deutschland ab, weil diese Aussagen für uns als Hindernis für die Integration der Muslime gelten. Wir unterstützen als Vertreter der Münchner Migrantinnen und Migranten die Muslime und zeigen uneingeschränkte Solidarität mit den in München lebenden Muslimen, die selbstverständlich ein Teil Münchens sind. Denn für uns gehören Muslime und auch die Religion Islam zu Deutschland, zu Bayern und auch zu München. Das Grundgesetz macht keinen Unterschied zwischen den Religionen.

In Bayern leben über eine halbe Million Muslime, davon über 100.000 in München. Als fester Bestandteil der deutschen Gesellschaft leben viele von ihnen hier schon mehrere Jahrzehnte und tragen einen großen Anteil an unserer Wirtschaftsleistung. In einer Zeit in der das Ressentiment immer mehr zu einem Bestandteil des Diskurses wird und antimuslimische Tendenzen auch in der Mitte der Gesellschaft immer stärkeren Ausdruck finden, sind wir als Migrationsbeirat verpflichtet eine entschiedene Stimme der Gegenposition zu bilden. Aus Solidarität mit den Muslimen vor Ort nehmen wir als Migrationsbeirat hiermit öffentlich Stellung und unterstützen die örtlichen Islamischen Religionsgemeinschaften als wichtiger und großer Bestandteil der Migranten in München bei ihren Bemühungen für die Integration und für den Frieden als Teil von München.

Wir leben in Zeiten der Polarisierung, und deshalb gilt es, mit Aussagen wie der des Bundesinnenministers differenziert und kritisch umzugehen. Er gefährdet mit derartigen Aussagen in Deutschland den gesellschaftlichen Frieden, weil sie keinen Beitrag zu den wichtigeren und drängenderen Debatten vor Ort leisten. Angesichts der Angriffe auf Moscheen setzt er damit ein falsches Zeichen.

Eine aktuelle Studie des Innenministeriums, also des eigenen Hauses vom Herrn Seehofer, sagte kürzlich aus, dass es 2017 knapp 1.000 muslimfeindliche Übergriffe gab. Anstatt sich jetzt als neuer Innenminister darum zu bemühen, die Sicherheit der Gotteshäuser hier in Deutschland auf die Prioritätenliste zu schreiben, entfacht er eine Diskussion, die sich für Muslime in Deutschland längst erledigt hat. Statt die Sorgen der Muslime ernst zu nehmen grenzt er ihre Religion und somit auch sie selbst aus.
Der gewählte Zeitpunkt der Aussage von Bundesinnenminister Seehofer, „der Islam gehört nicht zu Deutschland“, ist pietätlos und bedenklich. Zu einer Zeit, da zahlreiche islamische Einrichtungen attackiert werden und viele Muslime sich in die Defensive gedrängt fühlen, sind solche Äußerungen mindestens unsensibel und deplatziert. Die großen islamischen Verbände haben sich mit der Bitte um Solidarität und Unterstützung an die Öffentlichkeit gewandt. Wenn Seehofer in dieser sensiblen Situation, wo eigentlich eine verbindende Aussage kommen sollte, davon spricht, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört, dann ist das ein taktloses Zeichen der Nichtwertschätzung. Er zeigt mit seinen Worten, dass ihm die Fähigkeit zur gesellschaftlichen Empathie fehlt.

Diese als Provokation empfundene Aussage von Horst Seehofer muss von der großen Öffentlichkeit entschieden widersprochen werden, damit mit einem deutlichen Zeichen die Muslime als Teil der Gesellschaft sichtlich akzeptiert werden. Da gehen wir als Migrationsbeirat mit.

Dimitrina Lang, Vorsitzende des Migrationsbeirats

BENZER HABERLER

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