2. Anti-Diskriminierung
a) Viele zivilgesellschaftliche Organisationen setzen sich gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Rassismus und für eine friedliche, demokratische Gesellschaft ein. Die Politik unterstützt derartige Arbeit bislang weitgehend über spezifische Förderprogramme mit (meist) vorübergehendem Modellcharakter. Finden Sie, dass demokratisches Engagement gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit eine nachhaltige gesetzliche Grundlage erhalten sollte (bspw. in Form eines Demokratiefördergesetzes)?
CDU/CSU
Antwort: Neutral
CDU und CSU setzen sich gemeinsam für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft ein. Wir sind uns darin einig, dass eine nachhaltige Unterstützung der von Diskriminierung betroffenen Menschen und die Bekämpfung von Benachteiligungen auf allen Ebenen ein starkes Engagement sowohl auf Bundes- und Landesals auch auf kommunaler Ebene erfordern. Antidiskriminierungsarbeit muss als Querschnitts- und Daueraufgabe in allenLebensbereichen und den alltäglichen Arbeitsabläufen präsent und integriert sein. Der gegenseitige Austausch und eine übergeordnete fachliche Besetzung der Thematik sind ein wichtiger Ansatzpunkt. § 29 AGG sieht die Zusammenarbeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit Nichtregierungsorganisationen und Einrichtungen auf europäischer, Bundes-, Landesund regionaler Ebene vor. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fördert in enger Zusammenarbeit mit den Länderministerien den Aufbau von landesweiten Beratungsnetzwerken, die die vor Ort vorhandenen Beratungs- und Unterstützungsangebote verknüpfen. Zu den Angeboten zählen Opferberatungsstellen, die Mobilen Beratungsteams (z. B. Fachstellen gegen Rechtsextremismus) und die Ausstiegsberatung. Das Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ ist ein weiterer wichtiger Baustein. Im Rahmen dieses Projektes wurden auch neue Modellprojekte in den beiden Themenfeldern „Rassismus und rassistische Diskriminierung“ und „Antidiskriminierung und Frühpr.vention im Vorschulalter“ ausgewählt.
DIE LINKE
Antwort: Ja
Wir wollen eine unabhängige Beobachtungsstelle »Extreme Rechte, Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« schaffen. Die Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus müssen dauerhaft gefördert werden. Projekte der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, Opferberatungen und zivilgesellschaftliche Demokratiebündnisse wollen wir stärker unterstützen.
FDP
Wir Freie Demokraten halten gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Rassismus für völlig inakzeptabel. Wie auch durch den NSUUntersuchungsausschuss deutlich wurde, müssen zivilgesellschaftliche Akteure im Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus gestärkt werden. Unsere Republik braucht hier engagierte und mutige Bürgerinnen und Bürger, die jenseits der Teilnahme an Wahlen Verantwortung übernehmen. Dementsprechend wollen wir die Bundesprogramme zur Demokratieförderung und gegen Rassismus fortführen, halten aber ein spezielles Demokratiefördergesetz nicht für zwingend notwendig.
GRÜNE
Antwort: Ja
Demokratie ist weder selbstverständlich noch unveränderlich. Sie muss immer wieder neu erklärt und erkämpft werden. Viele Initiativen und Vereine machen sich gegen Rassismus, jede Form von Menschenfeindlichkeit und für eine weltoffene Demokratie stark. Diese zivilgesellschaftlichen Institutionen verdienen staatliche und politische Unterstützung und Anerkennung. Damit solche Strukturen unabhängig von politischen Mehrheiten und ohne bürokratischen Mehraufwand arbeiten können, wollen wir sie dauerhaft mit einem Demokratiefördergesetz stärken, das ihnen verlässlich die nötigen finanziellen Grundlagen garantiert.
SPD
Wir halten eine bundesgesetzliche Grundlage in Form eines Demokratiefördergesetzes für unverzichtbar und dringend notwendig, da lokale Initiativen und Einrichtungen, die sich für Demokratie und gegen Menschenfeindlichkeit einsetzen, eine gesicherte Finanzierung und verlässliche Rahmenbedingungen brauchen. Die ehemalige Bundesministerin Manuela Schwesig hat bereits im August 2016 einen Entwurf für ein Demokratieförderund Extremismuspräventionsgesetz vorgelegt. Leider hat die Union das entsprechende Verfahren blockiert. Wir werden jedoch weiter an diesem Vorhaben festhalten, um die Projektförderung zu intensivieren und zu stabilisieren.
c) Unterstützen Sie die konsequente Umsetzung der Empfehlungen des NSU- Untersuchungsausschusses des Bundestags?
(Die Aufdeckung der NSU-Mordserie war insbesondere für die türkeistämmige Bevölkerung ein Schock. Die Lücken in der Aufklärung der Morde und bzgl. der Verwicklungen der einzelnen Verfassungsschutz-Behörden brachten und bringen institutionellen Rassismus zum Vorschein. Das Vertrauen in die deutschen Sicherheitsbehörden konnte bislang nicht wiederhergestellt werden.)
CDU/CSU
Antwort:Ja
Die Linke
Antwort: Ja
FDP
Die Empfehlungen des NSUUntersuchungsausschusses stellen einen wertvollen Katalog von Maßnahmen dar, welche die unterschiedlichen Sicherheitsbehörden auf Bundes- und Länderebene umsetzen sollen. Hierfür werden wir uns in der nächsten Legislaturperiode einsetzen. Hierbei klar im Fokus stehen Fragen des Austauschs von Informationen und der besseren Vernetzung, aber auch die Einführung gemeinsamer Standards, insbesondere die Arbeit der Polizei- sowie der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder.
GRÜNE
Antwort: Ja
Der 2. NSU-Untersuchungsausschuss im Bund ist abgeschlossen und hat seinen Abschlussbericht vorgestellt. Wir stehen für eine konsequente Umsetzung der Empfehlungen beider NSU-Ausschüsse des Bundestages und für eine echte Zäsur beim Verfassungsschutz. Das fordern wir auch in unserem Sondervotum zum Abschlussbericht, worin wir in unseren Bewertungen und Schlussfolgerungen noch über den gemeinsamen Feststellungsteil hinausgehen.
SPD
Die SPD unterstützt die Umsetzung der Empfehlungen des NSU Untersuchungsausschusses. Eine wichtige Erkenntnis aus dem NSUVerfahren ist, dass Sicherheitsbehörden besonders sensibel auf antisemitische, rassistische und sonstige menschenverachtende Einstellungen in den eigenen Reihen reagieren müssen. Wir werden sie dabei mit geeigneten Programmen unterstützen.
d) Sind Sie für einen erneuten Untersuchungsausschuss im Bundestag?
CDU/CSU
Antwort: Nein
Der NSUUntersuchungsausschuss hat in seinem Abschlussbericht 47 parteiübergreifende Empfehlungen für die Bereiche Polizei, Justiz und Verfassungsschutz, Vertrauensleute der Sicherheitsbehörden und Demokratieförderung ausgesprochen. 21 Empfehlungen betrafen den Bereich der Polizei. Im Koalitionsvertrag haben wir bekräftigt, diese Empfehlungen zügig umzusetzen. Bis heute wurden die Empfehlungen des Untersuchungsausschuss in weiten Teilen umgesetzt. Es ist gelungen, zu fast allen Empfehlungen neue Maßnahmen aufzulegen bzw. durch entsprechende Weiterentwicklungen in den Behörden umzusetzen. Dieser fortlaufende Prozess sollte ständig verfolgt und bei wesentlichen neuen Entwicklungen darüber berichtet werden.
DIE LINKE
Antwort: Ja
Zu Frage 6. und 7.: Aus der Mordserie des »Nationalsozialistischen Untergrundes« und dem skandalösen Verhalten der Sicherheitsbehörden sind bisher keine Lehren gezogen worden. Die Fälle sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Wir fordern die schnelle Einsetzung eines Untersuchungsausschuss zum Rechtsterrorismus, um die nicht abgeschlossene Aufklärung der NSU-Verbrechen fortzusetzen und die lange Geschichte anderer rechtsterroristischer Strukturen in der Bundesrepublik und die Verantwortung staatlicher Stellen bei der nicht ausreichenden Verfolgung aufzuarbeiten.
FDP
Wir Freie Demokraten haben erhebliche Zweifel, ob die gegenwärtig im Bundestag vertretenen Parteien in der laufenden Legislaturperiode nun wirklich alle Hintergründe und Missstände aufgeklärt haben und daraus die richtigen Schlüsse ziehen und Maßnahmen ergreifen wollen. Im Zweifel streben wir einen dritten Untersuchungsausschuss an, denn eine Erledigung der Thematik nur durch Zeitablauf wollen wir nicht zulassen.
GRÜNE
Antwort: Neutral
Der 2. NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag mag abgeschlossen sein, aber die Aufklärung ist für uns noch lange nicht beendet. In den anderthalb Jahren konnten wir Einiges herausarbeiten, aber es gibt noch viele offene Fragen. Es bleibt unsere Aufgabe, die aufgedeckten Missstände, z.B. zur Aktenvernichtung im Bundesamt für Verfassungsschutz und zu den Mängeln in den Ermittlungen zum NSU nach 2011, weiter klar anzusprechen und auf Aufarbeitung zu drängen. Es wird sich zeigen, ob dies am besten in einem weiteren Untersuchungsausschuss oder in einem anderen Forum erfolgen sollte.
SPD
Ob von weiteren Untersuchungsausschüssen nach den bereits erfolgten zwei NSU Untersuchungsausschüssen noch neue Erkenntnissen überhaupt zu erwarten wären oder ob die erforderliche weitere Aufarbeitung besser auf andere Weise betrieben werden kann, ist sorgfältig zu prüfen.